Design for Conversations beschreibt die bewusste Gestaltung von Prozessen, Formaten und Kommunikationsstrukturen, die darauf abzielen, bedeutungsvolle Gespräche und damit neue Bedeutungsräume zu eröffnen. Im ursprünglichen Verständnis lag der Fokus auf dem Austausch von Perspektiven, gemeinsamer Sinnbildung und Co-Kreation. Gespräche werden nicht als bloßer Informationsaustausch verstanden, sondern als dynamische Prozesse, in denen neue Einsichten, gemeinsames Wissen und kollektives Verstehen entstehen. Designprojekte spielen in diesem Prozess eine zentrale Rolle, da sie gezielt als Konversationsstarter gestaltet werden können. Durch ihre Form, Symbolik oder Funktion stoßen sie Dialoge an, regen zur Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen an und eröffnen Räume für kritisches Denken und gemeinsames Handeln. Designer*innen übernehmen dabei nicht nur die Rolle kreativer Gestalter, sondern tragen eine gesellschaftliche Verantwortung: Sie schaffen Angebote, die Diskussion ermöglichen, neue Sichtweisen eröffnen und kollektive Lern- und Entwicklungsprozesse fördern. Die Gestaltung von Konversationen bedeutet somit, aktiv an der Formung gesellschaftlicher Diskurse mitzuwirken und Möglichkeiten für gemeinsames Sinnstiften zu schaffen.
In der heutigen Entwicklung wird der Begriff zunehmend auch im Kontext von KI und technologiebasierter Interaktion verwendet. Hier beschreibt Design for Conversations die Gestaltung von Systemen wie Sprachassistenten, Chatbots oder anderen dialogfähigen Interfaces, die sprachliche Kommunikation zwischen Mensch und Maschine ermöglichen. Auch in diesem technologischen Anwendungsbereich steht der Aufbau und das Erweitern von Bedeutungsräumen im Mittelpunkt, allerdings bezogen auf die Fähigkeit technischer Systeme, menschliche Intentionen zu verstehen, flexibel darauf zu reagieren und kooperative Dialoge zu unterstützen. 1)
Beide Perspektiven verbindet die Auffassung, dass Konversation ein gestaltbarer, offener Prozess ist, in dem sich Bedeutung nicht statisch überträgt, sondern im Austausch selbst neu bildet. Ob zwischen Menschen oder im Zusammenspiel von Mensch und Technologie – es geht immer darum, Verständigung zu ermöglichen, neue Denk- und Handlungsräume zu eröffnen und gemeinsam Sinn zu schaffen.
Weiter unten werden die zwei Projekte LifeStraw und Foldscope als Beispiele für das Prinzip des Design for Conversations aufgeführt. Beide Projekte bieten durch ihre Gestaltung weit mehr als nur praktische Lösungen: Sie initiieren bedeutungsvolle Dialoge über gesellschaftliche Herausforderungen. LifeStraw ermöglicht nicht nur den Zugang zu sauberem Wasser in Krisenregionen, sondern regt auch Gespräche über globale Gerechtigkeit, Gesundheit und nachhaltige Entwicklung an. Durch seine einfache, intuitive Nutzung erleichtert es den Dialog innerhalb von Gemeinschaften und zwischen Hilfsorganisationen. Foldscope wiederum fördert wissenschaftlichen Austausch und Bildung, indem es mit einem nahezu kostenfreien, faltbaren Mikroskop Forschungs- und Lernprozesse überall auf der Welt ermöglicht. Es senkt die Schwelle zu naturwissenschaftlicher Beobachtung und schafft Räume für gemeinsames Entdecken, Fragenstellen und Lernen – zentrale Aspekte jeder echten Konversation. Beide Projekte zeigen, wie gezielte Gestaltung neue Kommunikationsräume öffnet, bestehendes Wissen herausfordert und gemeinsames Verstehen fördert. Sie verdeutlichen, dass gutes Design nicht nur Probleme löst, sondern Dialoge ermöglicht, die langfristig Veränderung und gemeinsames Lernen unterstützen.
LifeStraw wurde ursprünglich als Konzept im Rahmen der *Safe Water Initiative* entwickelt. Studierende und Ingenieure suchten gemeinsam nach Lösungen für den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das Konzept wurde später von der Firma Vestergaard übernommen und als globales Produkt zur Wasseraufbereitung weiterentwickelt.
Weitere Informationen zur Designentwicklung finden sich im Wikipedia-Artikel zu LifeStraw.
Foldscope entstand als Projekt an der Stanford University im Rahmen eines Designkurses unter der Leitung von Manu Prakash. Ziel war es, ein extrem günstiges, faltbares Mikroskop aus Papier zu entwickeln, um wissenschaftliche Bildung weltweit zugänglicher zu machen.
Hintergründe zur Entwicklung und wissenschaftliche Details finden sich im Wikipedia-Artikel zu Foldscope.