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about:the-cognitive-style-of-powerpoint

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 ====== Edward Tufte: The Cognitive Style of PowerPoint ====== ====== Edward Tufte: The Cognitive Style of PowerPoint ======
  
-Edward R. Tufte kritisiert in seinem Essay **"The Cognitive Style of PowerPoint"** die kognitiven, gestalterischen und kommunikativen Schwächen von Präsentationen, die mit Microsoft PowerPoint erstellt werden. Sein Hauptargument ist, dass PowerPoint nicht nur ein schlechtes Werkzeug für die Informationsvermittlung sei, sondern aktiv die Klarheit, Präzision und Tiefe von Inhalten unterminiert. +Edward R. Tufte kritisiert in seinem Essay **"The Cognitive Style of PowerPoint"** die kognitiven, gestalterischen und kommunikativen Schwächen von Präsentationen, die mit Microsoft PowerPoint erstellt werden. Sein Hauptargument ist, dass PowerPoint nicht nur ein schlechtes Werkzeug für die Informationsvermittlung sei, sondern aktiv die Klarheit, Präzision und Tiefe von Inhalten unterminiert.
  
-PowerPoint zwinge Inhalte in eine rigide Hierarchie von Bulletpoints und Slides, fördere visuelle Dekoration statt Substanz und verhindere systematisches Denken. Besonders schädlich sei der Einsatz in Wissenschaft, Technik und Verwaltung, wo komplexe Zusammenhänge dargestellt werden müssten. Tufte zeigt anhand von realen Beispielen – insbesondere der **NASA Challenger-Katastrophe** – wie PowerPoint zur Verschleierung kritischer technischer Informationen beigetragen habe.+PowerPoint zwinge Inhalte in eine rigide Hierarchie von Bulletpoints und Slides, fördere visuelle Dekoration statt Substanz und verhindere systematisches Denken. Besonders schädlich sei der Einsatz in Wissenschaft, Technik und Verwaltung, wo komplexe Zusammenhänge dargestellt werden müssten. 
  
-Er argumentiert, dass gute Informationsvermittlung auf durchdachtetypografisch präzise und analytisch klare Darstellungsformen zurückgreifen müssez. B. in Form von wissenschaftlichen HandoutsTabellenTexten und DiagrammenPowerPoint hingegen erzeuge ein »chartjunk«-artiges Informationsdesigndas mit der Logik von Marketing und Unterhaltung arbeite – nicht aber mit der einer kritischeninhaltlich getriebenen Auseinandersetzung.+Ein zentrales Beispiel für die problematischen Effekte von PowerPoint liefert laut Tufte die **Columbia-Katastrophe** vom 1. Februar 2003. Bei der Rückkehr des Space Shuttles kam es zum Absturz, nachdem bereits beim Start ein Teil des Außentanks ein Loch in den Hitzeschild des linken Flügels geschlagen hatte. Die interne Risikobewertung der NASA wurde u. a. mittels PowerPoint-Präsentationen kommuniziert. Tufte zeigt auf, dass genau diese Form der Darstellung – mit fragmentierten Bulletpoints, verharmlosender Sprache und schlechter Informationsstruktur – wesentlich zur **Fehleinschätzung des Risikos** beitrug. 
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 +===== PowerPoint und das Scheitern der Risikokommunikation bei Columbia ===== 
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 +Tufte nennt mehrere Ursachen, warum PowerPoint in diesem Fall zur Verschleierung statt zur Aufklärung beitrug: 
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 +  * **Fragmentierung komplexer Inhalte**: Kritische technische Informationen wurden in unverbundene Stichpunkte zerlegt, sodass ihre logische Verknüpfung und Gewichtung verloren ging. 
 +  * **Hierarchische Gliederung**: Wichtige Aussagen wurden auf tiefen Bulletpoint-Ebenen "versteckt" und somit visuell und kognitiv abgewertet. 
 +  * **Visuelles Ablenkungspotenzial**: Standard-TemplatesLogos und Layouts lenkten die Aufmerksamkeit von inhaltlich relevanten Aussagen ab. 
 +  * **Verzicht auf quantitative Darstellung**: Anstelle technischer Tabellen oder Diagramme wurde mit rein textlichen Slides gearbeitetdie keine präzise Risikoeinschätzung erlaubten. 
 +  * **Verharmlosende Sprache**: Formulierungen wie »some damage is likely« unterschätzten das tatsächliche Gefahrenpotenzial – mit fatalen Folgen. 
 +  * **Mangel an kontextueller Tiefe**: Aussagen wurden nicht in Bezug zu früheren VorfällenErfahrungswerten oder empirischen Modellen gesetzt. 
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 +Tufte argumentiertdass PowerPoint als Präsentationsmedium in sicherheitskritischen und wissenschaftlichen Kontexten **strukturell ungeeignet** seiEs verstärke systematisch die Tendenz zur Vereinfachungzur oberflächlichen Kommunikation und zur Ästhetisierung auf Kosten der Analyse. 
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 +Er fordert stattdessen durchdachte, typografisch präzise und analytisch fundierte Darstellungsformen wie technische Berichte, Handouts oder interaktive Datenvisualisierungen. Diese sollten nicht der Rhetorik der Unterhaltungsondern der Logik der Aufklärung folgen.
  
 ===== Edward Tufte ===== ===== Edward Tufte =====
  
-Edward Rolf Tufte (*1942) ist ein US-amerikanischer Politikwissenschaftler, Statistiker und Designtheoretiker. Er gilt international als eine Schlüsselfigur im Bereich der **Informationsvisualisierung**. Seine Arbeiten kombinieren Erkenntnisse aus Statistik, typografischem Design, kognitiver Psychologie und Datenanalyse. Tufte lehrte an der Yale University, zunächst im Bereich Politikwissenschaft, später auch in Statistik, Informatik und Design. +Edward Rolf Tufte (*1942) ist ein US-amerikanischer Politikwissenschaftler, Statistiker und Designtheoretiker. Er gilt international als eine Schlüsselfigur im Bereich der **Informationsvisualisierung**. Seine Arbeiten kombinieren Erkenntnisse aus Statistik, typografischem Design, kognitiver Psychologie und Datenanalyse. Tufte lehrte an der Yale University, zunächst im Bereich Politikwissenschaft, später auch in Statistik, Informatik und Design.
  
 Bekannt wurde er durch seine Kritik an der oberflächlichen Visualisierung von Daten in modernen Medien und durch seine Forderung nach einer integren, inhaltsgetriebenen Informationsgestaltung. Er propagiert ein visuelles Denken, das dem Nutzer erlaubt, Zusammenhänge aus komplexen Datenlagen zu erkennen, ohne durch dekorative oder schematische Einschränkungen behindert zu werden. Seine Werke gelten als Standardliteratur für Designer, Journalisten, Ingenieure und Wissenschaftler gleichermaßen. Bekannt wurde er durch seine Kritik an der oberflächlichen Visualisierung von Daten in modernen Medien und durch seine Forderung nach einer integren, inhaltsgetriebenen Informationsgestaltung. Er propagiert ein visuelles Denken, das dem Nutzer erlaubt, Zusammenhänge aus komplexen Datenlagen zu erkennen, ohne durch dekorative oder schematische Einschränkungen behindert zu werden. Seine Werke gelten als Standardliteratur für Designer, Journalisten, Ingenieure und Wissenschaftler gleichermaßen.
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   * **The Visual Display of Quantitative Information** (1983) → Grundlagenwerk zur grafischen Darstellung statistischer Daten.   * **The Visual Display of Quantitative Information** (1983) → Grundlagenwerk zur grafischen Darstellung statistischer Daten.
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   * **Envisioning Information** (1990) → Untersuchung zur Darstellung mehrdimensionaler Informationen.   * **Envisioning Information** (1990) → Untersuchung zur Darstellung mehrdimensionaler Informationen.
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   * **Visual Explanations: Images and Quantities, Evidence and Narrative** (1997) → Verbindung von Datenvisualisierung und narrativer Erklärung.   * **Visual Explanations: Images and Quantities, Evidence and Narrative** (1997) → Verbindung von Datenvisualisierung und narrativer Erklärung.
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   * **Beautiful Evidence** (2006) → Plädoyer für evidenzbasierte Argumentation in grafischer Form.   * **Beautiful Evidence** (2006) → Plädoyer für evidenzbasierte Argumentation in grafischer Form.
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   * **The Cognitive Style of PowerPoint** (2003) → Kritisches Essay zur Präsentationskultur und Softwarekritik.   * **The Cognitive Style of PowerPoint** (2003) → Kritisches Essay zur Präsentationskultur und Softwarekritik.
  
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   * [[https://www.edwardtufte.com|Offizielle Webseite von Edward Tufte]]   * [[https://www.edwardtufte.com|Offizielle Webseite von Edward Tufte]]
-  * [[https://www.edwardtufte.com/tufte/books_pp|Buchseite zu »The Cognitive Style of PowerPoint«]]+  * [[https://www.edwardtufte.com/product/the-cognitive-style-of-powerpoint/|»The Cognitive Style of PowerPoint«]]
/var/www/vhosts/ct-lab.info/wiki.ct-lab.info/data/attic/about/the-cognitive-style-of-powerpoint.1746697149.txt.gz · Last modified: 2025/05/08 09:39 by Felix Hardmood Beck