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Grundlagen der Animation
Diese Seite bietet eine Einführung in zentrale Grundlagen der Animation aus gestalterischer Perspektive. Die Inhalte bilden die theoretische und konzeptionelle Grundlage für einfache Animationsübungen (z. B. in GIF-Form) und dienen als Ausgangspunkt für spätere Arbeiten mit interaktiven oder generativen Tools wie TouchDesigner oder vvvv. Animation wird hier nicht nur als technische Disziplin verstanden, sondern als eigenständiges gestalterisches Medium, das Zeit, Bewegung und Transformation als kreative Ausdrucksmittel nutzt.
Zeit und Bildfrequenz
Die Grundlage jeder Animation ist die Erzeugung von Bewegung durch das schnelle Hintereinanderzeigen leicht veränderter Einzelbilder. Dieses Phänomen nutzt die Trägheit der menschlichen Wahrnehmung: Wenn pro Sekunde genügend Bilder gezeigt werden, entsteht der Eindruck kontinuierlicher Bewegung. Dieses Prinzip ist auch als „Persistence of Vision“ bekannt und bildet die Basis sowohl für klassische Trickfilmtechnik als auch für digitale Echtzeit-Animation.
Ein zentraler technischer Parameter dabei ist die Bildfrequenz, gemessen in Frames per Second (FPS). Der klassische Kinostandard liegt bei 24 FPS – eine Geschwindigkeit, die als ausreichend empfunden wird, um Bewegungen flüssig, aber dennoch filmisch zu gestalten. Fernsehen, Videospiele und digitale Medien arbeiten häufig mit 25, 30 oder sogar 60 FPS. Höhere Framerates führen zu technisch „sauberer“ wirkender Bewegung, können aber – je nach Kontext – auch steril oder zu glatt wirken und emotionale Gestaltungsabsicht abschwächen.
Gestalterisch ist die Wahl der Bildfrequenz niemals neutral: Sie beeinflusst nicht nur die technische Qualität, sondern auch die Rhythmik, Wirkung und Ausdruckskraft einer Animation. Eine niedrige Framerate kann bewusst als Stilmittel eingesetzt werden – etwa um Grobheit, Naivität oder Nostalgie zu erzeugen. Umgekehrt kann eine hohe Framerate zur Darstellung von Präzision, Schnelligkeit oder digitaler Glätte beitragen. In der Praxis entstehen viele gestalterische Entscheidungen im Zusammenspiel von Framerate, Bildanzahl und tatsächlicher Abspielgeschwindigkeit.
Auch das Verhältnis von Keyframes und Inbetweens, die Dauer einzelner Posen und die Gleichmäßigkeit der Bildverteilung über die Zeit beeinflussen maßgeblich den Bewegungscharakter. Nicht die Anzahl der Bilder allein entscheidet über die Qualität, sondern deren Platzierung, Rhythmus und Gewichtung. Die Auseinandersetzung mit Zeitstruktur ist daher nicht nur technisch notwendig, sondern ein zentrales gestalterisches Thema der Animation.
Bewegung und Transformation
Veränderung ist das grundlegende Prinzip jeder Animation. Ohne Veränderung über die Zeit bleibt ein Bild statisch. Erst durch die gezielte Abfolge von Zustandsänderungen – etwa in Form von Bewegung, Formveränderung oder Positionswechsel – entsteht der Eindruck von Lebendigkeit, Aktion oder Prozesshaftigkeit. In der gestalterischen Praxis bedeutet Animation daher immer auch: eine Aussage in Zeit zu strukturieren und visuell erlebbar zu machen.
Zu den grundlegenden Transformationen zählen Translation (Verschiebung im Raum), Rotation (Drehung um eine Achse) und Skalierung (Vergrößerung oder Verkleinerung). Diese drei Basisoperationen ermöglichen es, Objekte zu bewegen, zu drehen oder zu verändern – einzeln oder in Kombination. Darüber hinaus gibt es komplexere Transformationen wie Scherung, Verformung (Deformation) oder Morphing zwischen Formen, die insbesondere in digitalen oder generativen Animationsumgebungen häufig zum Einsatz kommen.
Eine Transformation kann auf unterschiedliche Weise verlaufen: linear, beschleunigend, abrupt, rhythmisch oder oszillierend. Ob ein Objekt sich gleichmäßig bewegt oder in Intervallen springt, ob eine Rotation konstant erfolgt oder impulsartig, beeinflusst stark den Charakter der Bewegung. Gestalterisch entscheidend ist hierbei nicht nur das „Was“ der Transformation, sondern auch das „Wie“ ihres Ablaufs über die Zeit.
Die Kombination mehrerer Transformationen eröffnet ein weites Feld an Ausdrucksmöglichkeiten. Wenn ein Objekt etwa gleichzeitig rotiert, skaliert und seine Position entlang einer gekrümmten Bahn verändert, entsteht ein komplexer Bewegungsablauf mit hoher dynamischer Dichte. Solche Bewegungsfiguren sind vor allem in abstrakter Animation zentral, da sie ohne figurative Narration visuelle Energie, Rhythmus und Spannung erzeugen können. Transformation ist damit nicht nur technische Funktion, sondern ein wesentliches gestalterisches Ausdrucksmittel.
Die 12 Prinzipien der Animation
Die von den Disney-Animatoren Frank Thomas und Ollie Johnston formulierten zwölf Prinzipien bilden ein praxisorientiertes Rahmenwerk, um Bewegung glaubhaft, lesbar und gestalterisch wirksam zu gestalten1). Sie gelten als Grundlage für jede Form der Animation, auch in nicht-narrativen oder softwarebasierten Kontexten.
- Squash and Stretch: Dieses Prinzip beschreibt die Veränderbarkeit von Volumen unter Beibehaltung der Gesamtmasse. Wenn sich ein Objekt staucht oder dehnt – etwa ein springender Gummiball – entsteht der Eindruck von Elastizität und Gewicht. Dabei darf sich das Volumen nicht verändern: Wird ein Objekt gestreckt, muss es gleichzeitig schmaler werden. Squash and Stretch wird häufig bei cartoonesken Bewegungen verwendet, kann aber auch subtil in realistischer Animation eingesetzt werden. Es verleiht Bewegung Plastizität und hilft, physikalische Eigenschaften wie Materialität oder Impuls zu vermitteln.
- Anticipation (Vorbereitung): Anticipation bedeutet, dass eine Bewegung vorbereitet wird, um sie verständlich zu machen. Bevor jemand springt, holt er aus – diese vorbereitende Geste lenkt die Aufmerksamkeit des Publikums und kündigt das Kommende an. Anticipation erhöht nicht nur die Lesbarkeit der Aktion, sondern gibt dem Zuschauer Zeit zur Reaktion. Auch in abstrakten Animationen kann sie eingesetzt werden, etwa durch visuelle Spannung oder ein kurzes Verharren vor einer plötzlichen Veränderung. Ohne Anticipation wirken Bewegungen abrupt, unverständlich oder zu schnell.
- Staging (Inszenierung): Staging ist die visuelle Inszenierung von Aktion, Emotion oder Information. Ziel ist es, das Wesentliche klar und eindeutig zu präsentieren. Dazu gehören Komposition, Blickführung, Lichtsetzung, Bewegungsführung und Timing. Staging stellt sicher, dass das Publikum genau weiß, worauf es achten soll, und dass Nebenelemente die Hauptaussage nicht überlagern. Auch in reduzierter, grafischer oder abstrakter Gestaltung ist eine durchdachte Inszenierung essenziell.
- Straight Ahead Action & Pose to Pose: Diese beiden Techniken unterscheiden sich grundlegend im Zugang zur Animation. Bei Straight Ahead Action wird die Animation Bild für Bild ohne Vorplanung gezeichnet – das Ergebnis ist oft lebendig, aber unvorhersehbar. Pose to Pose beginnt mit der Definition von Schlüsselposen, zwischen denen anschließend die Zwischenbilder gesetzt werden – diese Methode erlaubt bessere Kontrolle von Timing, Komposition und Ausdruck. Straight Ahead eignet sich z. B. für organische Bewegungen wie Feuer, Nebel oder flatternde Haare. Pose to Pose wird bevorzugt für erzählerische oder körperlich komplexe Bewegungen genutzt.
- Follow Through and Overlapping Action: Follow Through beschreibt die Fortsetzung der Bewegung einzelner Körperteile nach dem Stopp der Hauptbewegung. Beispiel: Wenn eine Figur läuft und abrupt stehen bleibt, schwingen Arme, Haare oder Kleidung weiter. Overlapping Action meint, dass verschiedene Körperteile leicht versetzt zueinander reagieren. Diese beiden Effekte sorgen für physikalischen Realismus und erhöhen die Komplexität der Bewegung. Sie verhindern den Eindruck mechanischer Starre und verleihen Figuren oder Objekten Lebendigkeit.
- Slow In and Slow Out: Bewegungen in der realen Welt beginnen und enden selten plötzlich. Slow In bedeutet, dass eine Bewegung langsam beginnt und an Geschwindigkeit zunimmt; Slow Out bezeichnet das Abbremsen am Ende. Dies wird in der Animation erreicht, indem mehr Bilder an Anfang und Ende einer Bewegung gesetzt werden. Dadurch entsteht der Eindruck von Beschleunigung und Verzögerung, was zu natürlicherer Dynamik führt. Besonders bei figürlichen Bewegungen ist dieses Prinzip entscheidend für Glaubwürdigkeit.
- Arcs (Bewegungsbögen): Die meisten natürlichen Bewegungen folgen gekrümmten, bogenförmigen Bahnen. Gerade Linien wirken künstlich und mechanisch, während Kurven organisch erscheinen. Dies gilt für Gliedmaßen, rotierende Objekte oder auch Kamerawege. Selbst kleinste Details wie Augenbewegungen profitieren von sanften Arcs. Eine durchdachte Bogenführung steigert die Eleganz und Realitätsnähe einer Animation.
- Secondary Action: Sekundäre Bewegungen sind ergänzende Gesten, die die Hauptaktion verstärken. Ein Charakter, der spricht, kann gleichzeitig mit den Händen gestikulieren oder mit dem Fuß wippen. Diese begleitenden Aktionen dürfen nicht von der Hauptaussage ablenken, sondern sollen sie stützen. Sie bringen Tiefe, Glaubwürdigkeit und Charakter in die Szene. In abstrahierten Animationen können sie z. B. durch Musterveränderungen, Lichtimpulse oder rhythmische Modulationen auftreten.
- Timing: Timing bezieht sich auf die zeitliche Abstimmung von Bewegungen. Eine Aktion mit wenigen Bildern erscheint schneller, mit mehr Bildern langsamer. Doch Timing beeinflusst nicht nur Geschwindigkeit, sondern auch Ausdruck: Ein langsamer Blick kann zögerlich oder emotional wirken, ein schneller als entschlossen oder aggressiv. Gutes Timing ergibt sich aus Erfahrung, Beobachtung und bewusster Entscheidung. Es bestimmt maßgeblich den erzählerischen und emotionalen Gehalt einer Animation.
- Exaggeration (Übertreibung): Exaggeration meint die bewusste Überzeichnung von Bewegung, Form oder Ausdruck. Dadurch wird die Aussage klarer, spannender oder emotionaler – besonders bei stilisierten Animationen. Eine übertrieben weite Armbewegung kann Entschlossenheit oder Komik erzeugen. Auch subtile Übertreibungen können Wirkung zeigen, z. B. durch überhöhte Augenbewegungen oder zu große Pupillen. Exaggeration muss dosiert und zielgerichtet eingesetzt werden, um nicht ins Karikaturhafte abzurutschen (außer dies ist beabsichtigt).
- Solid Drawing (Solides Zeichnen): Auch in digitalen oder 3D-Umgebungen ist ein gutes Grundverständnis von Anatomie, Perspektive, Volumen und Gleichgewicht notwendig. Eine Figur, die korrekt konstruiert ist, bleibt in sich stimmig – unabhängig von ihrer Bewegung. Solides Zeichnen verhindert inkonsistente Proportionen oder perspektivische Fehler. Besonders bei komplexen Drehungen oder Interaktionen im Raum zeigt sich die Bedeutung dieser Grundlage. Es trägt entscheidend zur Glaubwürdigkeit und Professionalität einer Animation bei.
- Appeal (Anziehungskraft): Appeal beschreibt die visuelle und emotionale Anziehungskraft von Figuren, Bewegungen oder Szenen. Gemeint ist nicht oberflächliche Schönheit, sondern Klarheit, Stil, Wiedererkennbarkeit und Ausdruckskraft. Eine gut gestaltete Figur zieht Aufmerksamkeit auf sich, ohne erklärungsbedürftig zu sein. Auch abstrakte Formen können Appeal haben – durch Rhythmus, Symmetrie oder Kontrast. Appeal entsteht durch bewusste gestalterische Entscheidungen und ist ein zentrales Kriterium für die Wirkung einer Animation.
Rhythmus und Dynamik
Rhythmus ist ein zentrales Gestaltungsmittel in der Animation, das sich aus der gezielten Wiederholung, Variation und zeitlichen Staffelung von Bewegungsabläufen ergibt. Er entsteht nicht nur durch das „Was“ einer Bewegung, sondern insbesondere durch das „Wann“ und „Wie oft“. Wiederholungen erzeugen Stabilität und Erwartbarkeit, Variationen durchbrechen diese Struktur und erzeugen Spannung. Die Abfolge von Bewegungsphasen, Pausen und Akzenten definiert einen visuellen Takt, der ähnlich wie in Musik oder Tanz das Erleben der Zeit beeinflusst.
Dynamik beschreibt die Intensität und Energie einer Bewegung. Sie ergibt sich aus Kontrasten – etwa in Geschwindigkeit (langsam vs. schnell), Richtung (gleichförmig vs. wechselnd) oder Intensität (sanft vs. impulsiv). Eine Animation, die nur gleichmäßige Bewegung zeigt, wirkt schnell monoton oder leblos. Erst durch gezielte Brüche, Beschleunigungen, Verzögerungen oder Richtungswechsel entsteht Lebendigkeit. Dynamik kann dramatisch, verspielt, aggressiv oder meditativ sein – je nach Art der Kontraste und ihrer Inszenierung im zeitlichen Verlauf.
Rhythmus und Dynamik stehen in enger Wechselwirkung zueinander. Rhythmus strukturiert die Zeitlichkeit von Bewegung, Dynamik verleiht ihr emotionalen Ausdruck. Beide Prinzipien tragen wesentlich zur Wahrnehmbarkeit und Lesbarkeit einer Animation bei – sie lenken Aufmerksamkeit, schaffen Erwartungen und modulieren Spannung. Die Gestaltung dieser zeitlichen Parameter ist daher kein technisches Detail, sondern ein zentraler Bestandteil der ästhetischen Konzeption.
In abstrakten Animationen lässt sich Rhythmus als eine Art visuelle Musik begreifen: Farben, Formen, Bewegungen und Transformationen treten in Beziehung zueinander wie Klänge in einem musikalischen Arrangement. In narrativen Kontexten dagegen fungieren Rhythmus und Dynamik als dramaturgische Werkzeuge – sie strukturieren Szenen, definieren Höhepunkte, Übergänge und Pausen und tragen wesentlich zur Erzählweise bei. Unabhängig vom Medium ist die bewusste Gestaltung rhythmischer und dynamischer Abläufe eine Kernkompetenz in der Animationsgestaltung.
Looping und Wiederholung
Das Prinzip der Wiederholung ist ein zentrales Gestaltungsmittel in der Animation – insbesondere in Form sogenannter Loops, also Endlosschleifen. Ein Loop beschreibt eine Animation, die so angelegt ist, dass sie kontinuierlich wiederholt werden kann, ohne sichtbaren Anfang oder Ende. Die Bewegung „schließt sich“, wodurch ein nahtloser visueller Kreislauf entsteht. Diese Technik findet sich nicht nur in klassischen GIF-Animationen, sondern auch in Interfaces, Datenvisualisierungen, generativen Arbeiten oder Echtzeit-Audio-Visualisierungen.
Ein gelungener Loop erfordert präzise Planung auf mehreren Ebenen. Zunächst müssen Anfangs- und Endzustand der Bewegung identisch oder visuell überführbar sein – d. h. es darf beim Übergang keine abrupte Veränderung auftreten, die den Loop als „Schnitt“ entlarvt. Häufig wird dafür eine Bewegung entworfen, die zyklisch ist, etwa eine rotierende Form, ein wiederkehrender Schwingungsablauf oder eine rhythmische Transformation. In komplexeren Fällen – etwa bei Bewegungsmustern mehrerer Elemente – müssen Zeitachsen, Positionen und Übergänge exakt aufeinander abgestimmt werden, um eine kontinuierliche Illusion zu erzeugen.
Looping verlangt nicht nur technisches Können, sondern ist auch eine gestalterische Entscheidung. Die Wiederholung erzeugt Rhythmus, Kontinuität und Erwartung. Sie kann beruhigend, hypnotisch, humorvoll oder irritierend wirken – je nach Kontext, Bewegungstyp und Dauer. In der abstrakten Animation dient der Loop oft als strukturierendes Element, das visuelle Prozesse erfahrbar macht. In narrativen Kontexten ist die Wiederholung dagegen eher ungewöhnlich und wird gezielt als dramaturgisches Mittel eingesetzt, etwa zur Betonung von Zeitzyklen, Mechanismen oder Absurdität.
Gestalterisch interessant wird der Loop, wenn er über bloße Bewegungskontinuität hinausgeht. Etwa durch subtile Veränderungen innerhalb der Schleife (Microvariation), durch Reaktion auf externe Parameter (reaktive Loops) oder durch gezielte Brechung der Wiederholungserwartung. In der Praxis empfiehlt sich bei der Erstellung eines Loops zunächst die Analyse des gewünschten Ablaufs in Keyframes, die Festlegung eines klaren Zeitrasters und eine exakte Prüfung der Übergangspunkte. Ein gut gemachter Loop ist nicht nur technisch sauber, sondern besitzt rhythmische Spannung, innere Logik und gestalterische Eigenständigkeit.
Form und Ausdruck
Die visuelle Form ist in der Animation nicht nur Trägerin von Bewegung, sondern aktives Ausdrucksmittel. Jede Form hat – unabhängig von Farbe, Kontext oder Materialität – eine spezifische visuelle Anmutung und semantische Qualität. Ein Kreis wirkt geschlossen, weich, zentriert oder organisch; ein Quadrat stabil, rational oder statisch; eine gezackte Linie hingegen spannungsgeladen oder aggressiv. Diese Eindrücke entstehen durch kulturelle Prägung ebenso wie durch Wahrnehmungsgewohnheiten und visuelle Grammatik.
Verändert sich eine Form über die Zeit – sei es durch Skalierung, Transformation, Fragmentierung oder rhythmische Modulation – verändert sich auch ihre Bedeutung. Eine kreisförmige Figur, die sich langsam in ein Quadrat verwandelt, erzählt etwas anderes als dieselbe Figur, die plötzlich explodiert, pulsiert oder in sich zusammenfällt. In der Animation wird Form zur Sprache – sie kann Spannung erzeugen, innere Zustände andeuten oder narrative Bögen stützen, auch ohne Gegenständlichkeit oder Text.
Die Bewegung von Form beeinflusst ihren Ausdruck maßgeblich. Ein statisches Dreieck kann bedrohlich wirken – ein rotierendes, pulsierendes oder weich fließendes Dreieck hingegen völlig anders. Geschwindigkeit, Richtung, Verlauf und Rhythmus der Veränderung formen die visuelle Rhetorik der Animation. Besonders in abstrakter oder generativer Animation ist dies von zentraler Bedeutung: Hier ersetzt die Form die Figur, die Bewegung das Erzählen, die Veränderung das Ereignis.
Gestalterisch bedeutet dies, dass in der Animation nicht nur „etwas bewegt“ werden muss – sondern dass die Art der Form, ihr Wandel über die Zeit und ihre Beziehung zum Raum bewusst gestaltet werden müssen. Die Kombination aus Form und Bewegung ist ein starkes semantisches Werkzeug, das über Symbolik, Dynamik und Komposition Ausdruck erzeugt. Wer Animation als Gestaltung in Zeit versteht, erkennt in der Form nicht nur einen Ausgangspunkt, sondern ein narratives, emotionales und konzeptionelles Medium.
Storyboard und Ablaufplanung
Ein Storyboard ist ein zentrales Planungsinstrument in der Animation. Es dient dazu, den Verlauf einer Animation in Form einer Abfolge von Standbildern (Panels) zu visualisieren und damit sowohl erzählerische als auch formale Entscheidungen frühzeitig festzuhalten. Die einzelnen Panels zeigen zentrale Szenen, Bewegungsphasen, Übergänge oder Kameraeinstellungen in ihrer groben Gestaltung und dramaturgischen Abfolge. So entsteht eine visuelle Skizze der geplanten Animation, die bereits vor der eigentlichen Umsetzung auf Probleme, Potenziale oder Unklarheiten hinweist.
Im Zentrum der Storyboard-Arbeit steht die Identifikation sogenannter Keyframes – also jener Bilder, die Wendepunkte, Wechsel oder visuell entscheidende Momente im Animationsverlauf markieren. Zwischen diesen Schlüsselbildern verlaufen die Bewegungsphasen (Inbetweens), die später im Animationsprozess ausgestaltet werden. Das Storyboard legt fest, welche dieser Keyframes zentral sind und welche Bewegungsarten oder Transformationen zwischen ihnen vorgesehen sind. Auch Schnitte, Kameraachsen, Bewegungspfad oder Blickrichtungen werden in dieser Phase oft bereits mitbedacht.
In der Praxis besteht ein Storyboard meist aus einer Tabelle oder einem Raster, in dem Zeichnung, Bildbeschreibung, Soundhinweise und technische Informationen kombiniert dargestellt werden. Neben handgezeichneten Panels kommen zunehmend auch digitale Tools oder kollaborative Online-Plattformen zum Einsatz, die eine dynamische Weiterentwicklung der Planung ermöglichen. Besonders in größeren Projekten mit mehreren Beteiligten – etwa in der Film-, Werbe- oder Interfaceanimation – bildet das Storyboard die Grundlage für Teamkommunikation und Produktionsorganisation.
Ein Storyboard ist jedoch nicht nur ein technisches Hilfsmittel, sondern auch ein kreatives Werkzeug. Es zwingt dazu, sich mit dem Ablauf einer Idee konkret auseinanderzusetzen: Wo beginnt etwas, wie entwickelt es sich, wie hört es auf? Welche visuelle Sprache wird verwendet? Welche Rhythmen, Pausen oder Wiederholungen sind dramaturgisch notwendig? Insofern ist die Storyboard-Arbeit auch ein Prozess der Reflexion und Reduktion – man entscheidet, was wirklich gezeigt werden soll.
Je nach Animationsstil oder gestalterischem Ansatz kann das Storyboard sehr unterschiedlich aussehen. In narrativen Projekten steht die Handlung im Mittelpunkt: Figuren, Raumwechsel und Dialoge werden skizziert. In abstrakten oder experimentellen Animationen kann das Storyboard stärker auf Form, Bewegung, Rhythmus und Transformation fokussiert sein – etwa in Form von Diagrammen, Bewegungsgraphen oder Zeitachsen. Entscheidend ist, dass das Storyboard als visuelle Gedankenstütze funktioniert und den Produktionsprozess erleichtert.
Ein gutes Storyboard denkt nicht nur in Bildern, sondern auch in Zeit. Es berücksichtigt die Dauer einzelner Sequenzen, das Timing von Bewegungen, die Wechselwirkung mit Ton oder Musik. Die Abfolge der Panels suggeriert nicht nur eine chronologische Reihenfolge, sondern vermittelt auch Tempo, Rhythmus und Pausensetzung. Gerade in der frühen Planungsphase ist diese zeitliche Visualisierung ein entscheidender Schritt, um aus einer Idee ein funktionierendes Animationskonzept zu entwickeln.
Schließlich gilt: Je komplexer die Animation, desto wichtiger die Planung. Auch in Projekten mit Echtzeit-Rendering, interaktiven Elementen oder generativem Verhalten hilft ein storyboard-ähnliches Vorgehen – etwa in Form von Flussdiagrammen, Ablaufskizzen oder Mapping-Strukturen. Es schafft Übersicht, ermöglicht Abstimmung im Team und reduziert spätere Korrekturschleifen erheblich. Die Fähigkeit, Ideen strukturiert vorzudenken und visuell vorzustrukturieren, ist daher eine grundlegende Kompetenz jeder professionellen Animationspraxis.
Technische Grundlagen
Technische Parameter wie Auflösung, Dateiformat, Farbmodell und Bildrate beeinflussen die Wiedergabequalität, Kompatibilität und Weiterverarbeitung. Das GIF-Format beispielsweise eignet sich für einfache Loop-Animationen, ist aber auf 256 Farben beschränkt. Videoformate wie MP4 bieten höhere Qualität und Tonunterstützung, sind dafür aber weniger interaktiv. Ein fundiertes Verständnis der technischen Bedingungen ist Voraussetzung für gezielte gestalterische Entscheidungen.
Diese Übersicht dient als vertiefter theoretischer Einstieg und Referenzmaterial für Übungen, Besprechungen und spätere Projekte im Bereich Zeit-basierter Gestaltung.