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Archetypische Phasen des Designprozesses
Definition des Problems oder der Herausforderung
Der Designprozess beginnt mit der präzisen Definition des Problems oder der Herausforderung, die bearbeitet werden soll. Diese Phase ist entscheidend, da sie den gesamten Verlauf des Projekts beeinflusst. Es gilt, nicht vorschnell in Lösungsideen zu springen, sondern zunächst die Fragestellung differenziert zu verstehen und klar einzugrenzen. Dabei spielen sowohl funktionale als auch emotionale, soziale oder kulturelle Aspekte des Problems eine Rolle.
Ein zentrales Element dieser Phase ist das Sammeln und Formulieren von Anforderungen, Zielsetzungen und Einschränkungen. Wer ist die Zielgruppe? Welche Bedürfnisse, Erwartungen oder Herausforderungen hat sie? Welche Rahmenbedingungen müssen beachtet werden – etwa technische, wirtschaftliche, zeitliche oder ethische? Eine präzise Definition dieser Aspekte schafft die Grundlage für eine zielgerichtete Weiterentwicklung im Designprozess.
Darüber hinaus wird in dieser Phase oftmals ein sogenanntes Problemverständnismodell erstellt – also eine strukturierte Darstellung der Ausgangslage, möglicher Einflussfaktoren und relevanter Akteure. Diese Perspektivklärung kann mithilfe von Methoden wie Stakeholder-Mapping, Problembaum-Analysen oder Design Challenges erfolgen. Sie dient dazu, ein geteiltes Verständnis innerhalb des Teams zu schaffen und den Blick auf das tatsächliche Bedürfnis – nicht nur die sichtbaren Symptome – zu richten.
Recherche und Analyse
Sobald das Problem definiert ist, folgt eine intensive Auseinandersetzung mit dem relevanten Kontext. In der Recherche- und Analysephase werden Informationen gesammelt, die das Problemfeld aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Dies kann die Analyse von Märkten, Zielgruppen, vergleichbaren Produkten oder gesellschaftlichen Trends umfassen.
Eine zentrale Rolle spielt hier die Nutzerforschung. Durch Interviews, Beobachtungen, Umfragen oder ethnografische Methoden wird versucht, tiefere Einsichten in das Verhalten, die Bedürfnisse und Motivationen der Menschen zu gewinnen, für die das Design gedacht ist. Wichtig ist dabei nicht nur, was Nutzer*innen sagen, sondern auch, was sie tun – daher sind qualitative, kontextnahe Methoden besonders wertvoll.
Auch analytische Tools wie SWOT-Analysen, Personas, Customer Journeys oder Systemdiagramme können dabei helfen, die Komplexität des Designkontextes zu erfassen und zu strukturieren. Ziel dieser Phase ist es, auf einer soliden Wissensbasis erste Hypothesen über mögliche Lösungsrichtungen zu entwickeln, die später in der Ideenphase konkretisiert werden können.
Ideenfindung (Ideenentwicklung)
In dieser Phase wird der kreative Spielraum bewusst geöffnet: Ziel ist es, möglichst viele unterschiedliche Lösungsansätze zu generieren, ohne diese sofort zu bewerten oder einzuschränken. Die Ideenfindung basiert auf dem Prinzip der Divergenz – Vielfalt und Perspektivenreichtum stehen im Vordergrund.
Kreativitätstechniken wie Brainstorming, 6-3-5-Methode, SCAMPER oder Mind Mapping fördern die assoziative, experimentelle Annäherung an das Problem. Besonders in interdisziplinären Teams entstehen durch den Austausch verschiedener Sichtweisen oft überraschende und innovative Ideen. Hier können auch analoge Inspirationsquellen, visuelle Materialien oder “What-if”-Fragen unterstützend wirken.
Wichtig ist in dieser Phase auch, den Übergang von abstrakten Ideen hin zu ersten greifbaren Skizzen oder Prototypen zu ermöglichen – sogenannte “low fidelity”-Prototypen. Diese dienen nicht zur technischen Prüfung, sondern helfen dabei, Ideen sichtbar zu machen und in der Gruppe weiterzuentwickeln. Die Quantität steht im Vordergrund – Auswahl und Bewertung erfolgen erst in der nächsten Phase.
Entwurfsentwicklung
Nachdem eine Vielzahl von Ideen generiert wurde, beginnt die Phase der Verdichtung und Weiterentwicklung. Hier geht es darum, vielversprechende Ansätze auszuwählen, zu kombinieren und gezielt in konkrete Designlösungen zu überführen. Diese Phase markiert den Übergang von konzeptuellen zu greifbaren, detaillierteren Entwürfen.
Designentscheidungen werden in Skizzen, Modellen, Simulationen oder digitalen Visualisierungen festgehalten. Ziel ist es, die Form, Funktion, Materialität, Interaktion und Nutzungsszenarien der Ideen zu konkretisieren. Methoden wie Storyboarding, Wireframing, CAD-Modelle oder physische Prototypen kommen zum Einsatz. Der iterative Charakter bleibt dabei zentral: Entwürfe werden laufend angepasst und weitergedacht.
In dieser Phase wird außerdem zunehmend auf Machbarkeit, Umsetzbarkeit und Kontexteinflüsse geachtet. Aspekte wie Ergonomie, Nachhaltigkeit, Herstellbarkeit oder Markenwirkung fließen in die Ausarbeitung mit ein. Auch erste Tests mit Nutzer*innen oder Expert*innen sind hilfreich, um Feedback zur Gestaltung frühzeitig einzuarbeiten.
Bewertung und Auswahl
Nach der Ausarbeitung verschiedener Designoptionen folgt eine Phase der systematischen Bewertung. Ziel ist es, herauszufinden, welche Lösung die gesetzten Anforderungen am besten erfüllt – bezogen auf Funktionalität, Nutzerzentrierung, Umsetzbarkeit und Wirkung.
Bewertet wird in der Regel mithilfe von Kriterienkatalogen, Priorisierungsmethoden oder Punktesystemen. Gleichzeitig spielen qualitative Bewertungen durch Nutzerfeedback, Expertengutachten oder Testdurchläufe eine zentrale Rolle. Methoden wie Nutzertests, Think-Aloud-Protokolle, Usability Walkthroughs oder gestützte Interviews kommen hier zum Einsatz.
Entscheidend in dieser Phase ist es, nicht nur eine “beste” Lösung zu identifizieren, sondern auch Unsicherheiten zu benennen und mögliche Alternativen zu berücksichtigen. Die Bewertung kann auch zu einer Rückkopplung mit früheren Phasen führen – etwa wenn sich zeigt, dass bestimmte Annahmen revidiert werden müssen. So wird der Designprozess zum lernenden System.
Umsetzung (Implementierung)
In der Umsetzungsphase wird das gewählte Design in die Realität überführt. Dies kann ganz unterschiedliche Formen annehmen – vom Bau eines physischen Produkts über die Entwicklung einer Softwarelösung bis hin zur Inszenierung eines Services oder einer Kommunikation.
Technische Umsetzungsschritte wie Materialauswahl, Fertigung, Programmierung oder Layout gehören ebenso dazu wie Abstimmungen mit Partnern, Produktionsstätten oder Projektbeteiligten. Diese Phase erfordert häufig enge Zusammenarbeit zwischen Designer*innen, Ingenieur*innen, Entwickler*innen und weiteren Fachbereichen. Dokumentation, Planung und Kommunikation sind hier besonders wichtig.
Parallel kann auch die finale Ausgestaltung im Detail erfolgen – etwa bei der Auswahl von Farben, Typografie, Interaktionen oder Verpackung. Das Design wird auf den “letzten Metern” präzisiert und finalisiert. Ziel ist es, ein stimmiges, funktionierendes und den Anforderungen entsprechendes Ergebnis zu liefern.
Überprüfung und Iteration
Nach der Implementierung endet der Designprozess nicht. Die finale Phase dient der Reflexion, Überprüfung und gegebenenfalls Weiterentwicklung der Lösung. Ziel ist es, die reale Wirkung des Designs zu evaluieren und auf Rückmeldungen zu reagieren.
Dies kann durch Nutzungsbeobachtungen, Interviews, Evaluationen oder statistische Daten erfolgen. Wurden die ursprünglichen Ziele erreicht? Entspricht das Ergebnis den Erwartungen der Nutzer*innen? Welche Verbesserungspotenziale zeigen sich im Einsatz? Eine offene, lernorientierte Haltung ist hier entscheidend.
In vielen Fällen führen die Ergebnisse dieser Überprüfung zu weiteren Iterationen. Verbesserungen, neue Anforderungen oder technologische Veränderungen machen es notwendig, das Design anzupassen oder weiterzuentwickeln. Iteratives Arbeiten bedeutet, dass Gestaltung als kontinuierlicher Prozess verstanden wird – nicht als abgeschlossener Zustand.